Im Eis

An einem ganz besonders kalten Tag in einem ganz besonders kalten Jahr ging ein kleiner Junge mit seinem Hund hinaus auf einen zugefrorenen See. Wir wissen nicht genau warum, wahrscheinlich suchten sie die Gefahr.

 

Das Eis war dick gefroren und mit einer feinen Schneeschicht bedeckt. Es dämmerte schon und sie hätten längst umkehren und nach Hause gehen sollen, denn der See war groß und sie hatten einen weiten Weg vor sich, da sagte der Junge zu dem Hund: „Komm, wir schlagen ein Loch ins Eis!“ Der Hund wedelte in Hundemanier mit dem Schwanz und sodann machten sie sich ans Werk.

 

Der Junge hatte allerhand kleines und scharfes Werkzeug dabei und versuchte sich damit an der Eisschicht, doch so sehr er sich auch bemühte – die Arbeit war beschwerlich und kaum ertragreich. Da sie aber den Schnee beiseite gewischt hatten, konnten sie durch das Eis ins Wasser blicken. Da bemerkten sie plötzlich einen fetten Fisch. Der Hund bellte, der Junge schöpfte neuen Mut und sagte: „Den holen wir uns!“ und so ackerten sie weiter und immer weiter.

 

Es schien, als würde der Fisch sie dabei nicht aus den Augen lassen. Statt zu fliehen vor dem Getöse blieb er nah unterm Eis. Nach einer Weile – es war inzwischen fast dunkel – tat sich endlich ein Loch auf, gerade groß genug. Sofort hielt der Junge seine kleine Angel hinein und – als hätte der Fisch nur auf diesen Moment gewartet – biss er an. Die beiden Jäger jubelten und zogen das Tier aus dem Wasser.

 

Sobald es jedoch zappelnd auf der Oberfläche des Sees lag, verlor es an Größe. Kaum wahrnehmbar zuerst, doch dann sahen sie es beide: mit jedem Augenblick schrumpfte der Fisch und wurde immer kleiner, bis er nur noch die Größe eines Köders hatte. Sie konnten es kaum glauben und blickten erstaunt und hilflos auf ihre Beute. Vor ihren Augen plumpste das zappelnde, winzige Tier schließlich zurück in das Loch, welches sie so mühsam gegraben hatten. Dann verschwand es.

 

In der Zwischenzeit war es dunkel geworden. Die Nacht hatte sich über das Land gelegt, schwarz wie das zugefrorene Wasser. Kein Mond schien. Es war ein Glück, dass der Hund den Heimweg kannte, sonst wären sie wohl beide in dieser Nacht erfroren.